Die eigenen Stärken erkennen
Viele Kinder, die in der fünften Klasse neu an die IGS List kommen, neigen dazu, eher ihre Schwächen in den Blick zu nehmen. Das Kollegium an der weiterführenden Schule möchte dies ändern und fokussiert die Stärken der Kinder. Die Lehrerinnen und Lehrer beobachten, wie sich die Schülerinnen und Schüler infolge des konsequenten Feedbacks verändern. Sie erleben sie motivierter – auch wenn es tatsächlich darum geht, ihre Schwächen anzupacken.
„Lernförderliches Feedback“ nennt sich dieses Zusammenspiel aus vier Elementen:
- regelmäßige schriftliche Rückmeldungen in Lernentwicklungsberichten,
- Raum für Selbstreflexion und Rückmeldungen der Fachlehrkräfte während oder am Ende einer Unterrichtseinheit,
- Lehrer-Schüler-Eltern-Dialoge und
- ein persönlicher Lernentwicklungsordner.
Die Feedbackkultur soll nicht nur einen genauen Überblick des Entwicklungsstands des jeweiligen Kindes widerspiegeln. Den Jugendlichen selbst wird die Verantwortung für ihr Lernen übertragen. „Die Fähigkeit der Selbsteinschätzung – und daraus Rückschlüsse zu ziehen – ist wichtig in diversen Lernsituationen, unabhängig von Schule“, sagt Oswald Nachtwey, der bis Sommer 2019 Schulleiter der IGS List war.
Lernen im Dialog
Die Einführung des lernförderlichen Feedbacks geschah an der IGS List nicht von heute auf morgen. Es brauchte Zeit, bis bei Lehrkräften, Schülerinnen und Schüler das nötige Bewusstsein entstand.
Wie es der Schule gelang, die Feedbackkultur in den Schulalltag zu integrieren, erfahren Sie in dem Film zum Konzept auf dem Deutschen Schulportal. Registrierte Nutzerinnen und Nutzer des Portals haben außerdem per Download Zugang zu Materialien, die die Schule zur Umsetzung ihres Konzepts entwickelt hat. Auf diese Weise erhalten die Website-Besucherinnen und Besucher Einblick in den Aufbau eines Lernentwicklungsordners oder eines Lernentwicklungsberichts.
Instrumente für erfolgreiches Feedback
Schon vor einigen Jahren hatte die Integrierte Gesamtschule in Hannover Lernentwicklungsberichte eingeführt. Doch zufrieden war mit der ausführlichen schriftlichen Rückmeldung niemand so richtig. Eltern, Schülerinnen und Schüler hatten häufig Schwierigkeiten, die Texte zu verstehen und konkrete Hinweise abzuleiten. Fünf Jahre hat das Kollegium in Fachteams an der Entwicklung neuer Instrumente gearbeitet.
Zu Beginn des Schuljahrs legen alle Schülerinnen und Schüler in ihren Lernplanern fest, welche Ziele sie sich setzen und mit welchen Maßnahmen sie diese erreichen wollen. Zusätzlich bekommen sie in jedem Fach sowohl von den Fachlehrkräften als auch von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern ein Feedback. Jeder Fachbereich wählt für das jeweilige Fach ein geeignetes Feedbackinstrument aus. Das kann zum Beispiel ein Feedbackbogen, eine Videoanalyse oder ein Test sein, den Schülerinnen und Schüler jeweils gegenseitig korrigieren.
Das systematisch gewonnene Feedback aus diesem Prozess bleibt nicht unkommentiert. Im sogenannten Lerndialog an festen Terminen im Schuljahr treffen sich Lehrkraft, Eltern und Jugendliche. Das Gespräch wird dabei vom Schüler oder der Schülerin selbst geleitet. Es dient dazu, das Feedback zu reflektieren und nächste Schritte zu erkennen. Dies wird im Lernentwicklungsordner und im Lernplaner festgehalten.
Das eigene Lernen zu strukturieren und zu reflektieren wird so in die Hände der Jugendlichen selbst gelegt. „Damit man etwas verändern kann, braucht man zielführende Hinweise“, sagt Petra Hoppe, Didaktische Leiterin der IGS List. „Nur wenn Schülerinnen und Schüler das Gefühl haben, dass sie selbst den Lernprozess bestimmen können und für diesen verantwortlich sind, können sie effektiv lernen.“
Der Deutsche Schulpreis wird jährlich von der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung verliehen. Ausgewählt werden die sechs Gewinnerschulen von einer Fachjury, die zuvor 20 Schulen persönlich besucht hat. Das Deutsche Schulportal stellt die erfolgreiche Schulpraxis der Preisträger in kurzen Konzeptfilmen vor. Auf dem Portal finden Sie außerdem Berichte über aktuelle Debatten in der Bildungslandschaft sowie Hintergrundanalysen und Expertenstimmen.