Schulentwicklung im Dialog
Ist der Unterricht abwechslungsreich? Kann die Lehrkraft den Unterrichtsstoff gut vermitteln? Wie ist die Lern-Atmosphäre? An der Robert-Bosch-Gesamtschule wird die Qualität des Unterrichts von denjenigen bewertet, die ihn täglich erleben: den Schülerinnen und Schülern. „Die Schülerinnen und Schüler haben ein Anrecht auf guten Unterricht“, sagt Lehrer Dennis Stahl. Er findet es spannend, regelmäßig in den Dialog mit seinen Klassen zu kommen. Die Schülerinnen und Schüler seien schließlich die Experten: Sie haben schon viel Unterricht mitgemacht.
Zweimal im Jahr, nach den Herbstferien und vor den Osterferien, dürfen die Jugendlichen ihre Fachlehrerinnen und -lehrer anhand eines Fragebogens beurteilen, den die Schule für die einzelnen Jahrgangsstufen selbst entwickelt hat. Die Auswertung wird anschließend mit den Schülerinnen und Schülern besprochen. Lehrer Dennis Stahl schätzt die konkrete Kritik aus der Klasse, die er dann direkt mit den Jugendlichen auswerten kann, um anschließend Veränderungen zu verabreden.
Auch im Kollegium wird die Auswertung aller Feedbacks gesamtheitlich besprochen. Gibt es in einem Bereich einen großen Ausschlag, nimmt die Schulleitung dies zum Anlass, Kritikpunkte näher zu beleuchten und Veränderungen anzustoßen. Die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler sind so zu einer wesentlichen treibenden Kraft der Schulentwicklung geworden.
Schülerfeedback
Fast 1.500 Schülerinnen und Schüler besuchen die Robert-Bosch-Gesamtschule im niedersächsischen Hildesheim. 2007 wurde sie mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet. „Die Schule arbeitet ganzheitlich und projektorientiert. Sie wird hoch professionell gemanagt“, urteilte Erziehungswissenschaftler Peter Fauser als Jurymitglied.
Die Schule überzeugte in allen sechs Qualitätsbereichen – wie hat sie das geschafft? Welchen Teil hat das Schülerfeedback dazu beigetragen? Wie wurden die Fragebögen entwickelt? In einem ausführlichen Konzepttext mit Film und Materialien auf dem Deutschen Schulportal wird näher über die Robert-Bosch-Gesamtschule berichtet.
Ein vertrauensvolles Lehrer-Schüler-Verhältnis
Das Schülerfeedback ist nicht nur eine Anregung für die Weiterentwicklung der Schule, der Feedbackbogen trägt sogar auch zu einem vertrauensvollen Lehrer-Schüler-Verhältnis bei. Die Schülerinnen und Schüler fühlen sich ernst genommen. Sie geben Rückmeldungen, die angenommen und umgesetzt werden. Das habe sich auch unmittelbar auf die Unterrichts-Atmosphäre ausgewirkt, sagt Wilfried Kretschmer, der bis 2017 Schulleiter der Gesamtschule war.
Eine häufige Frage sei, ob die Lehrerinnen und Lehrer Angst vor der Bewertung der Jugendlichen haben, berichtet die Schulleitung. Diese Befürchtung habe sich aber schnell als grundlos erwiesen. Im Gegenteil: Das Vertrauen zwischen Lehrkräften und den Schülerinnen und Schüler wurde durch den Feedbackbogen gestärkt – sie vertrauen gegenseitig ihrer fairen Beurteilung.
Was ist guter Unterricht?
„Um die Feedbackbögen zu entwickeln, mussten wir uns als Kolleginnen und Kollegen erst mal über ein gemeinsames Bild von gutem Unterricht verständigen. Dieser Klärungsprozess war mindestens so spannend wie das, was dann als Feedback von den Schülerinnen und Schülern kam und kommt“, sagt Jens Oumard, Leiter einer Jahrgangsstufe.
Aus diesem Grund haben auch die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe ein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung des Fragebogens. Das Schüler-Lehrer-Gremium überprüft die Aktualität der Feedbackbögen regelmäßig.
Die Robert-Bosch-Gesamtschule in Hildesheim hat damit einen effektiven Motor gefunden, Reformprozesse anzustoßen. Die Ergebnisse – Vertrauen und eine gute Lernatmosphäre – sind gleichzeitig die Basis für den Erfolg des Feedbacksystems der Schule.
Jährlich zeichnen die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung Deutschlands beste Schulen aus. Bewerben können sich alle deutschen Schulen und Auslandsschulen. Eine Jury beurteilt die Bewerbungen und besucht die Top 20 persönlich.
Von der Praxis der Preisträger können andere Schulen lernen. Auf dem Schulportal finden Interessierte spannende Hintergrundberichte zum Deutschen Schulpreis. Innovative Konzepte samt Materialien der Preisträgerschulen bilden einen stetig wachsenden Ideen-Pool. Aktuelle Berichte und Stimmen ergänzen das Angebot.