Statt Kreide und Tafel sind Whiteboards und iPads im Einsatz, und im „Makerspace“, einem offenen Klassenzimmer, können die Schülerinnen und Schüler verschiedene interaktive Arbeitsmöglichkeiten nutzen. Sie drehen etwa einen Film vor einer grünen Leinwand und ersetzen den Hintergrund in der Postproduktion durch reale Filmaufnahmen oder Computergrafiken. Wegen des innovativen digitalen Unterrichtskonzepts ernannte der Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche, Bitkom, die Ernst-Reuter-Schule 2017 zur ersten „Smart School“ Baden-Württembergs. Sie gilt seitdem als „digitaler Leuchtturm“, an dem sich andere Bildungseinrichtungen orientieren können.
Nina Brandau ist Referentin im Bitkom-Public-Affairs-Team und kümmert sich vorrangig um Bildungspolitik. Im Vordergrund steht dabei die Digitalisierung von schulischer Bildung sowie der Aus- und Weiterbildung. Daneben ist Nina Brandau Ansprechpartnerin für das Thema „Frauen in der Digitalwirtschaft“.
IT, pädagogisches Medienkonzept und Fortbildungen
Bitkom hat den Wettbewerb um das Siegel „Smart School“ im Rahmen des Nationalen IT-Gipfels der Bundesregierung 2016 ins Leben gerufen. Teilnehmen können Bildungseinrichtungen mit herausragenden, praxiserprobten Ansätzen zur Digitalisierung von Schule und Unterricht.
„Bei den Konzepten geht es keineswegs um eine 1:1-Übertragung vom Analogen ins Digitale“, sagt Nina Brandau aus dem Bitkom-Public-Affairs-Team. „Deshalb bedeutet digitaler Unterricht auch nicht, Arbeitsblätter einzuscannen und an die Schülerinnen und Schüler zum Ausdrucken und Bearbeiten nach Hause zu schicken. Als Smart School bezeichnen wir vielmehr Institutionen, deren Konzepte auf drei Säulen fußen: erstens auf der IT-Infrastruktur mit W-Lan, Cloud- oder Serverlösungen und digitalen Endgeräten; zweitens auf dem pädagogischen Medienkonzept mit kollaborativen und interaktiven Lernformen; und drittens auf einer regelmäßigen Lehrerfortbildung mit dem Schwerpunkt Digitalisierung.“ Denn es seien solche Konzepte, die es überhaupt erst ermöglichen, das Digitale nachhaltig im Unterricht zu verankern.
Mit seiner Initiative möchte Bitkom modellhaft im Praxisbetrieb zeigen, wie zeitgemäßer Unterricht funktionieren kann, und dadurch die Digitalisierung an deutschen Schulen vorantreiben. Mittlerweile hat der Verband 61 Einrichtungen gekürt – darunter Grundschulen, Gesamtschulen, Gymnasien und Berufsschulen.
Engagierte Schulen mit engagierten Lehrkräften
An der Ernst-Reuter-Schule geht es immer wieder darum, das Lernen unabhängig von einem bestimmten Ort zu fördern. Deshalb sieht man vor Ort gelegentlich Schülerinnen und Schüler, die sich mit ihren Aufgaben auf den Flur, den Hof oder sogar unter den Tisch zurückziehen. Während des Corona-bedingten Lockdowns war der vertraute Umgang mit mobilem Lernen von Vorteil: „Wir nutzen ,DiLer‘ als digitale Lernplattform, mit der wir den Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern halten“, meldete sich Schulleiter Micha Pallesche während des Homeschooling in einem Video auf dem Bitkom-Youtube-Kanal zu Wort. „DiLer“ ist ein browserbasiertes Learning Management System (LMS), mit dem die Schülerinnen und Schüler von überallher auf ihre Lernmaterialien zugreifen können. „Dateien haben wir über die Nextcloud oder unterschiedliche Videokanäle wie Vimeo geteilt.“
Eine weitverbreitete Assoziation zu „Smart Schools“ lautet, dass dort „alle wie Roboter herumlaufen“ – das hören Schulleiter wie Micha Pallesche immer wieder. Dabei spielen gerade das Analoge und Menschliche bei den digitalen Vorreiterschulen eine besonders große Rolle. „Die Direktorinnen und Direktoren sowie die Lehrkräfte sind oftmals überdurchschnittlich engagiert. Und diese Begeisterung färbt auf das gesamte Schulklima und die Schülerinnen und Schüler ab“, bestätigt Bitkom-Referentin Nina Brandau.
Dadurch entstehen mitunter überraschend kreative Formate. So hat ein Physiklehrer an der Villa Wewersbusch, einer privaten Ganztagsschule im nordrhein-westfälischen Velbert, während des Homeschoolings Experimente per Video aufgenommen und die Schülerinnen und Schüler ermutigt, eigene Hörbeiträge dazu zu erstellen. Dazu Bitkom-Referentin Nina Brandau: „Es geht beim digitalen Lernen also vor allem darum, dass Kinder und Jugendliche nicht die Konsumentenrolle einnehmen – sondern die der Produzentinnen und Produzenten.“
Tipps zur Nutzung von Online-Tools im digitalen Unterricht
Mobiles Lernen: Am besten eignen sich webbasierte Tools und Apps, die direkt im Browser und von unterschiedlichen Geräten und Betriebssystemen angesteuert werden. Dadurch ist das Lernen von jedem Ort und jedem Rechner aus möglich.
Datenschutz: Bei den verwendeten Tools sollten sich die Schülerinnen und Schüler nicht extra mit Namen oder anderen Daten anmelden müssen. Außerdem gilt sicherzustellen, dass die Arbeitsergebnisse nur für die am Unterricht Teilnehmenden sichtbar sind.
Zudem ist es ratsam, Tools zu verwenden, deren Anbieter in der Europäischen Union ansässig sind. Damit ist eine Bindung an die Europäische Datenschutzrichtlinie sichergestellt.
Kostenfreies E-Learning-Paket
Als Lehrkraft erhalten Sie kostenfreien Zugriff auf ein E-Learning-Paket zu den Themen von „ZEIT für Lehrer – digital Unconference“: „Achtsamkeit & Resilienz“, „Digital & analog“, „Old School, New School“, „Cybermobbing“ und „Desinformation, Fake News“. Das videobasierte Lernmaterial ist praxisorientiert, mit Tipps für mögliche Problemsituationen im Schulalltag sowie weiterführenden Materialien.