Gemeinsame Konfliktlösung als Schulkonzept
Mittagspause. Kinder spielen auf dem Schulhof, und es kommt zum Streit beim Fußballspiel – kleine Auseinandersetzungen zwischen Kindern lassen sich im Schulalltag nicht vermeiden. Zum Problem wird das, wenn der Konflikt ausartet und die Schülerinnen und Schüler ihre Anspannung oder gar Aggressionen mit in den Unterricht nehmen. Um dem entgegenzuwirken, entwickelte eine Schulsozialarbeiterin die Idee, ein Konzept zur Konfliktlösung vorzulegen. Gemeinsam mit zwei Lehrkräften absolvierte sie dann eine Ausbildung zur Schulmediatorin.
Mit dem Mediatoren-Programm hat sich eine neue Beziehungskultur an der Flensburger Schule etabliert. „Kinder sagen ganz oft: ,Ich habe mich schlecht …‘ oder ,Ich habe mich gut gefühlt‘ und schaffen es aber ganz selten von sich aus, ein Gefühl näher zu benennen. Uns ist es wichtig, die Kinder wahrzunehmen und zu hören, wie es ihnen wirklich geht“, sagt Silvia Schmidt, Lehrerin und Schulmediatorin an der Waldschule Flensburg. Mit der Einführung des Programms lernen nicht nur die Schülerinnen und Schüler, die sich zu Mediatoren ausbilden lassen, sondern alle Kinder, wie es ist, sich einander zuzuwenden, miteinander zu sprechen und Konflikte zu lösen. Dadurch hat sich die gesamte Schulgemeinschaft gefestigt.
Schülermediation
Seit 2015 gehört die Waldschule Flensburg zum Netzwerk der Preisträgerschulen des Deutschen Schulpreises, der jährlich von der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung verliehen wird. Dabei hat die Schule in vielen Bereichen – wie beispielweise mit dem Mediatoren-Programm – die Jury überzeugt.
Wie die Kinder zu Mediatoren ausgebildet werden und wie das Programm die Schulgemeinschaft verändert hat, wird in einem Video und in einer Konzeptbeschreibung auf dem Deutschen Schulportal gezeigt. Dabei werden die unterschiedlichen Aspekte und Vorteile der „Schülermediation“ dargestellt. Für registrierte Nutzerinnen und Nutzer stehen auf dem Schulportal außerdem Materialien der Preisträgerschulen zur Umsetzung ihrer Konzepte zur Verfügung.
Jedes Kind wird gehört
Für Volker Masuhr, Schulleiter der Waldschule Flensburg, ist das Programm ein voller Erfolg: „Ein Kind kann immer sicher sein, dass ein anderes Kind es auch versteht. Erwachsene verstehen das Kind vielleicht, aber man spricht nicht auf Augenhöhe. Es liegen eben ein paar Jahre dazwischen.“ Die Einführung der neuen Konfliktkultur gestaltete sich einfacher als zunächst erwartet. Die Mediatoren sind in den Schulalltag der Grundschule eingebunden, haben einen eigenen Raum und stellen sich regelmäßig in den Klassen vor. Die Mitschülerinnen und Mitschüler akzeptieren sie.
An der Grundschule in Flensburg können sich bereits Drittklässler „Mediator“ oder „Mediatorin“, „Streitschlichter“, „Streitschlichterin“ oder „Coach“ bzw. „Coachin“ nennen. Jährlich melden sich 15 bis 20 Kinder für das Mediationsprogramm. Zur Ausbildung gehören nicht nur Moderationstechniken und lösungsorientiertes Denken, auch das Zuhören und die Fähigkeit, eigene Gefühle zu beschreiben, spielen eine große Rolle.
Lehrkräfte berichten, dass sich infolge des Mediationsprogramms auch die Unterrichtssituation entspannt hat. Sie müssen sich nicht mehr während der Unterrichtszeit mit Konflikten beschäftigen. Die Kinder lassen ihre Streitigkeiten vor der Klassentür und haben trotzdem das Gefühl, ernst und wahrgenommen zu werden. Denn jeder Konflikt bekommt seinen eigenen Raum und seine eigene Zeit.
„Mir geht immer das Herz auf, wenn ich sehe, wie ernst die Schülerinnen und Schüler bei der Sache sind und wie glücklich sie aus den Gesprächen kommen. Und wenn es nur zwei Kinder pro Woche sind, die sich helfen lassen, dann weiß ich, wofür ich das mache“, sagt Schulmediatorin Silvia Schmidt.
Der Deutsche Schulpreis wurde 2019 zum 13. Mal von der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung verliehen. Ausgezeichnet werden alljährlich Schulen, die mit ihrer innovativen Art, Schule zu gestalten, überzeugt haben. Auf dem Deutschen Schulportal werden innovative Ansätze vorgestellt, die die Preisträger zur Gestaltung ihrer Schule entwickelt haben. Wie die Waldschule Flensburg das Konzept „Schüler-Mediatoren“ in den Schulalltag integriert hat sowie weitere Beispiele aus der Schulpraxis mit vielen Materialien für die Umsetzung werden dort anschaulich dargestellt.