Für die meisten jungen Menschen besteht die digitale Welt aus bewegten Bildern: Laut der JIM-Studie 2017, einer Befragung des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zur Mediennutzung in Deutschland, schauen 86 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren regelmäßig Onlinevideos. 41 Prozent informieren sich im Internet über aktuelle Ereignisse aus der Welt, 18 Prozent nutzen explizit Facebook. Doch gerade soziale Medien bieten Raum für reißerische Überschriften zu Beiträgen, die auf den ersten Blick seriös wirken, stattdessen aber verfälschte Fakten oder entkontextualisierte Bilder liefern. Solche „Fake News“, so erklärt es die Bundeszentrale für politische Bildung, wollen beeindrucken, wollen geliked und weitergeleitet werden – denn so können sie von den Urheberinnen und Urhebern nicht nur für monetäre Zwecke genutzt werden, sondern auch dazu, eine breite Leserschaft zu manipulieren und ihre Sicht auf die Welt einzuschränken. Durch Aufklärungsarbeit kann die Gefahr von Falschnachrichten eingegrenzt werden. Emanzipatorischer ist es jedoch, Jugendliche als gesellschaftspolitisch interessierte Menschen ernst zu nehmen und sie aktiv herauszufordern, die digitale Welt demokratisch, fair und meinungsstark mitzugestalten. Mit der Initiative „Klickwinkel – Weite Deinen digitalen Blick“ unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten und mit der Unterstützung von ZEIT für die Schule, der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) sowie Teach First Deutschland will die Vodafone Stiftung Deutschland genau das realisieren.
„Wir möchten jungen Menschen vermitteln, wie digitale Informationen entstehen und gefiltert werden; ihnen zeigen, wie sie Fakten von Falschnachrichten unterscheiden können, und warum es so wichtig ist, zu jedem Thema unterschiedliche Blickwinkel anzuschauen, bevor man sich eine Meinung bildet und diese im Netz postet“, erläutert Dr. Johanna Börsch-Supan, Politikwissenschaftlerin und Leiterin Vodafone Stiftung. „Wenn Bilder und Videos die sozialen Medien dominieren, sollten Jugendliche kurze Filme drehen und schneiden können, um ihren Blickwinkel im öffentlichen Diskurs sichtbar zu machen.“ Im Rahmen eines Videowettbewerbs sind sie außerdem dazu aufgerufen, im Netz selbst zu reflektierten Meinungsmacherinnen und Meinungsmachern zu werden. „Wir ermutigen sie, ihre übliche Alltagswelt zu verlassen und Themen zu entdecken, die Menschen in ihrer Umgebung bewegen“, sagt Börsch-Supan. Indem Jugendliche mit dem Smartphone zu Gestalterinnen und Gestaltern werden, bewusst andere Blickwinkel erfassen und damit ganz individuell Geschichten Raum geben, die so bislang noch nicht erzählt wurden, üben sie sich in der faktenbasierten Recherche und dem konstruktiven Suchen nach Lösungsansätzen. Außerdem tragen sie mit ihren öffentlich gemachten Clips letztlich zu mehr Vielfalt im Netz bei
Wie Börsch-Supan betont, ist gesellschaftspolitisches Interesse bei jungen Menschen vorhanden. Ihr Engagement sieht jedoch nicht unbedingt vor, sich Parteien oder Vereinen anzuschließen, sondern findet kurzfristiger, punktueller und vor allem online statt. Geht es um politische Teilhabe, sind bei ihnen laut der Shell Jugendstudie 2015 Onlinepetitionen beliebter als Unterschriftenlisten. Der JIM-Studie 2017 zufolge sehen sich 59 Prozent aller Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren Videos bei YouTube an, um sich über ein bestimmtes Thema zu informieren. Über die Hälfte aller Befragten haben bei der Plattform einen eigenen Account, können sich dort also auch selbst positionieren und mit einem eigenen, regelmäßigen Vlog (kurz für: Video-Blog) ein festes Publikum aufbauen. Insgesamt bewegen sich Jugendliche aktiver im digitalen Raum. „Das hat weniger mit ‚Coolness‘ zu tun, sondern spiegelt einfach die Lebenswirklichkeit der Digital Natives wider“, so die Projektleiterin von Klickwinkel. „Wir möchten ihre digitalen Kompetenzen weiter stärken, sodass sie die Themen, die sie interessieren und für die sie sich engagieren möchten, auch gut informiert vertreten und präsentieren können.“ So könne unterstützt werden, dass sich Jugendliche die Strukturen, die es für ihr Engagement und ihre Interessen braucht, möglicherweise Stück für Stück selbst schaffen.
Dr. Johanna Börsch-Supan ist überzeugt davon, dass junge Menschen durch das Erlernen eines kritischen Umgangs mit Medien gut aufgestellt sind, um sich souverän in der digitalen Öffentlichkeit bewegen zu können und als mündige Mitglieder die Gesellschaft mitzugestalten. Werden Jugendliche automatisch auch zu politischeren Menschen, indem sie teilhaben und eine Haltung zu gesellschaftlichen Themen entwickeln? „Ich denke, sie sind vor allem eins: engagiert“, meint Börsch-Supan. „Und solche Menschen brauchen wir in jedem Fall in unserer Gesellschaft.“
Klickwinkel – der Videowettbewerb
Wer darf mitmachen? Teams aus Jugendlichen von 14 bis 19 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland, zum Beispiel Klassen, Kurse oder Projektgruppen von weiterführenden Schulen ab Klassenstufe 8, die von einer erwachsenen Person, wie einer Lehrkraft, AG-Leitung oder einem Elternteil, begleitet werden. Maximal 8 Personen können als Team ein Video einreichen. Einreichungen von Einzelpersonen sind ebenso möglich.
Worum geht es? Jenseits der eigenen Blase Themen mit gesellschaftlicher Relevanz recherchieren, Geschichten finden, die andere bewegen und für die man im Sinne einer diversen und demokratischen digitalen Welt laut werden möchte: Dazu will die Initiative junge Menschen motivieren und ruft deshalb dazu auf, zu Smartphone, Tablet oder Videokamera zu greifen.
Die selbst gedrehten, maximal drei Minuten langen Videos können unter https://klickwinkel.de/wettbewerb/2019 hochgeladen werden.
Wie ist der Zeitplan? Einsendeschluss für alle Videos ist der 30. November 2019. Anfang 2020 gibt eine Jury aus prominenten Medienmacherinnen und Medienmachern die Nominierten bekannt.
Weitere Informationen, Lehrmaterialien und Tutorials für Schülerinnen und Schüler unter https://klickwinkel.de/wettbewerb/2019