Herr Petersdorff, nach welchen Kriterien vergibt die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) Alterskennzeichen bei Computer- und Videospielen?
Grundlage hierfür sind unsere Leitkriterien, die unter anderem auf Erkenntnissen aus der Wissenschaft und Ergebnissen von mehr als 49.000 Spieleprüfungen in 25 Jahren beruhen. Unsere Leitkriterien enthalten im Kern 16 Wirkungsaspekte. Dazu gehören Gewalt, Realismus, Atmosphäre, Handlungsdruck oder Gameplay, also die Spielinhalte. Ein Prüfungsgremium wägt diese Kriterien gegeneinander und gegenüber relativierenden Spielelementen ab, sodass eine angemessene Altersfreigabe entsteht. Sie soll Kinder und Jugendliche vor einer Entwicklungsbeeinträchtigung oder vor Verstörung, Ängstigung, Desensibilisierung oder sozial-ethischer Desorientierung schützen.
Können sich Eltern und Lehrkräfte auf der sicheren Seite fühlen, wenn sie sich nach den Angaben der USK richten?
Unsere Alterskennzeichnungen dienen Eltern als Orientierung und garantieren, dass die Spielinhalte aus der Sicht des Jugendschutzes für eine bestimmte Altersgruppe unbedenklich sind. Obwohl sich Eltern dadurch im Prinzip auf der sicheren Seite fühlen können, entwickelt sich dennoch jedes Kind individuell unterschiedlich. So bleibt es Eltern nicht erspart, ihrem Erziehungsauftrag und -privileg nachzukommen und in den eigenen vier Wänden selbst über die Mediennutzung der Kinder zu entscheiden.
Die Vermittlung von Medienkompetenz ist dabei unerlässlich, was insbesondere dann gilt, wenn eine Online-Kommunikation oder -Interaktion ermöglicht wird. Hier sollten Eltern ihre Kinder über etwaige Risiken aufklären und systemintegrierte Jugendschutzeinstellungen nutzen, sogenannte Parental Controls.
Wie wird der Jugendschutz im Rahmen von E-Sport-Veranstaltungen, TV- und Internetübertragungen sichergestellt?
Ähnlich zu Filmveranstaltern haben auch E-Sport-Veranstalter dafür Sorge zu tragen, dass entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte nicht uneingeschränkt, sondern nur der entsprechenden Altersklasse zugänglich gemacht werden, beispielsweise durch Eingangskontrollen. Im Fall eines Verstoßes liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die gemäß Jugendschutzgesetz mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag für Telemedien und Rundfunk. Hier muss der jeweils verantwortliche Anbieter dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufen die entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen, indem Sendezeiten beachtet oder technische Maßnahmen implementiert werden.
Was unterscheidet denn ein Spiel für 12-Jährige von einem Spiel für 16-Jährige?
Spiele, die sich für Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren eignen, setzen beispielsweise auf ein fantastisches Setting voller Sagen und Mythen. Dabei tauchen zwar manchmal düstere Bedrohungssituationen auf, sie werden aber von der Handlung gerahmt und erstrecken sich nicht über das gesamte Spiel. Man geht davon aus, dass Jugendliche in diesem Alter über so viel Medienerfahrungen verfügen, dass sie hier zwischen der Spielwelt und der Wirklichkeit klar unterscheiden und sich entsprechend auch von einem mitreißenden Geschehen distanzieren können.
Ihnen ist bewusst, dass die Gewalt nicht echt ist?
Genau. Sie erkennen sie als unrealistisch an und übertragen sie nicht auf ihren Alltag. Wenn wir Spiele ab 16 Jahren freigeben, sind die Gewaltszenen noch mal deutlich realistischer und stehen stärker im Vordergrund.
Inwiefern haben sich die Inhalte der Spiele in den vergangenen fünf Jahren verändert?
Hier lässt sich keine pauschale Aussage treffen. Natürlich entwickeln sich Technik und Spielgrafik weiter, sodass immer realistischere und glaubwürdigere Darstellungen möglich sind. Wir sehen das insbesondere bei sogenannten AAA-Titeln – Spielen also, die mit einem hohen Budget für Produktion und Werbung entworfen wurden.