„Die Schule brennt“ oder „10 Dinge, die ich an Schule hasse“: Schon mit der Wahl seiner früheren Podcast- und Buchtitel machte Gymnasiallehrer, Blogger und Bildungsinfluencer Bob Blume deutlich, was er vom deutschen Schulsystem hält: nicht viel. Ekelerregende Schultoiletten und Notebooks mit Windows 98 stehen für den engagierten Lehrer aus Baden-Württemberg bildhaft für den traurigen Zustand des Systems Schule. In seinem neuen Buch „Warum noch lernen? Wie Schule in Zeiten von KI, Krisen und sozialer Ungerechtigkeit aussehen muss“ rüttelt Blume an den Grundfesten der Schule von heute – und formuliert seine Vision eines sinnstiftenden Lernens der Zukunft.
Blume wirft die Frage auf, die Kinder immer dringlicher stellen, auf die Eltern aber meist keine Antwort wissen: Wofür brauche ich das geballte Wissen, wenn ich doch ChatGPT fragen kann und mir die künstliche Intelligenz alle Antworten frei Haus liefert? Für Blume steht fest: Schule, wie sie heute funktioniert, vermittelt Kindern kaum die Kompetenzen, die sie in einer beschleunigten, von KI, Klimawandel und Migration geprägten Welt brauchen. Eine breite Bildungsdebatte müsse her, die das Schulsystem fit für die Zukunft macht. Sein Credo lautet: Lernen ja, aber bitte nicht so!
Im ersten Teil seines Buches verpackt Blume seine Anklage an das Schulsystem in Frageform. Sind Prüfungen noch sinnvoll? Wieso gibt es eigentlich Stunden? Ist die Aufteilung in Fächer noch zeitgemäß, und sind Lehrpersonen verzichtbar? Die Formulierung der Fragen liefert die Antworten gleich mit. Streckenweise etwas weitschweifig, prangert der Autor die Probleme des Schulsystems an, das im 20. Jahrhundert stecken geblieben sei.
Dem setzt Blume seine Vision des „sinnstiftenden Lernens“ entgegen. Lernen müsse in Zeiten von KI für junge Leute wieder relevant werden. Schule sollte Lust machen, anschließend ein Leben lang weiterzulernen. Dazu müssten Lehrkräfte in eine völlig neue Rolle schlüpfen. „Auf Lehrer in ihrer traditionellen Form und mit einem Rollenverständnis, das sich seit dem 20. Jahrhundert kaum geändert hat, können wir in Zukunft getrost verzichten“, meint Blume. Nicht Vermittler, sondern Begleiter seien heute gefragt, die auf die Frage „Warum ist das wichtig?“ stets eine nachvollziehbare Antwort haben.
Wer sich nun fragt, wie man gelangweilte Teenager vom „sinnstiftenden Lernen“ überzeugen soll, erhält im letzten Drittel des Buches konkrete Tipps (von denen sich manche Leser wohl noch mehr gewünscht hätten). Darin stellt Blume Prinzipien für das Lernen zu Hause und in der Schule auf. Lehrkräfte etwa sollten versuchen, den Lernprozess mit den Augen ihrer Schülerinnen und Schüler zu sehen – so werde Unterricht interessant. Eltern wiederum sollten ihren Kindern vermitteln, dass sie etwas lediglich „noch nicht“ können. Seine Botschaft lautet: Man kann alles schaffen, wenn man nur will. „Warum noch lernen?“ gibt Schulleitungen, Lehrkräften, Eltern, aber auch der Bildungspolitik Ideen an die Hand, wie sinnstiftendes Lernen in einer dynamischen Welt Wirklichkeit werden kann.
Zur Person:
Bob Blume ist Lehrer, Blogger, Podcaster und Bildungsinfluencer. Er studierte Germanistik, Anglistik sowie Geschichte und arbeitet nun als Oberstudienrat an einem Gymnasium in der Nähe von Baden-Baden. Daneben schreibt er Fachbücher zum Lernen im digitalen Wandel und macht in den sozialen Medien auf Bildungsthemen aufmerksam. Zudem ist Bob Blume ein gefragter Experte in der deutschen Medienlandschaft zum Thema Schule. Bei der Verleihung des Goldenen Bloggers 2022 wurde er als Blogger des Jahres ausgezeichnet.