ZEIT für die Schule
Einsendung der Christian Morgenstern Schule, Hamburg
Einsendung der Christian Morgenstern Schule, Hamburg

Jungen Menschen wird häufig Politik­verdrossenheit unterstellt – zu Unrecht. Bei der Junior­wahl 2025, Deutschlands größtem Schul­projekt zur politischen Bildung, beteiligten sich über zwei Millionen Schülerinnen und Schüler aus mehr als 7.000 Schulen. Das entspricht einer Steigerung von etwa 33 Prozent im Vergleich zur letzten Junior­wahl 2021. Die Initiative gibt Kindern und Jugendlichen die wert­volle Gelegenheit, sich aktiv mit demokratischen Prozessen aus­einander­zu­setzen. Dies ist besonders wichtig, da die frühe politische Sozialisation entscheidend ist für ein höheres und stabileres politisches Engagement im Erwachsenen­alter, wie die Studie „Jugend wählt“ der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt.

Bleibt dieses Engagement in jungen Jahren aus, ist nicht Desinteresse das Problem: Vielmehr fühlen sich Jugendliche laut der Studie „genNow: Junges Engement für sozialen Wandel“ häufig nicht gehört und nicht ernst genommen. Das liegt nicht nur daran, dass sie demografisch unter­repräsentiert sind und damit nicht zu den Haupt­wähler­gruppen zählen – es mangelt auch an Beteiligungs­möglichkeiten. Dabei zeigt die Studie auch, dass viele Minder­jährige durchaus bereit wären, sich vor allem auf lokaler Ebene zu engagieren. Hier sehen sie die größte Chance, Veränderungen zu bewirken. Um die junge Generation stärker in lokale Entscheidungs­prozesse ein­zu­beziehen, schlagen die Autorinnen und Autoren der Studie unter anderem fest verankerte Gremien wie beispiels­weise Jugend­beiräte vor.

2025: Diese Themen bewegen unter 18-Jährige

ZEIT für die Schule hat die Bundestagswahl 2025 zum Anlass genommen, um jungen Menschen eine Stimme zu geben. Neben einem Arbeitsb­latt, das Lehrkräften zur vorgezogenen Bundes­tags­wahl bereit­gestellt wurde, hat ZEIT für die Schule seine Community gebeten, die Wünsche von Schülerinnen und Schüler an die neue Bundes­regierung einzusenden. Hier eine Auswahl:

Aufwertung und Anerkennung sozialer Arbeit

  • „Wir fordern, dass Hausarbeit vergesellschaftet und sichtbar gemacht wird.“
  • „Care-Arbeit und Hausarbeit soll auf die Rente angerechnet werden.“
  • „Wir fordern eine bessere Bezahlung von sozialen Jobs. Diese sollten nicht an schulischen Qualifikationen gemessen werden, sondern an ihrer sozialen und gesellschaftlichen Bedeutung.“
  • „Wir fordern eine gerechtere Behandlung und Bezahlung für alle Menschen, die soziale Arbeit leisten. So würden die Berufe attraktiver werden, und es gäbe mehr Fachkräfte.“
  • „Wir fordern eine höhere Bezahlung für Menschen, die mit einem abgeschlossenen Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) in sozialen Bereichen arbeiten wollen.“
  • „Wir fordern die Einführung eines FSJ-Gehalts. Aus Freiwilliges Soziales Jahr wird Bezahltes Soziales Jahr.“

Förderung einer nachhaltigen Wirtschaft

  • „Wir fordern, dass Unternehmen zum Gemeinwohl beitragen. Sie sollten Maßnahmen und Forderungen befolgen, die beispiels­weise zum Klima­schutz beitragen. Die Unternehmen sollten regel­mäßig daraufhin geprüft werden.“
  • „Wir fordern, dass öffentliche Investitionen ausschließlich in nach­haltige Fonds/Anlagen investiert werden. So könnte eine systematische Veränderung hin zu einer klima­neutralen Zukunft eingeleitet werden.“
  • „Wir fordern, dass künstliche Intelligenz dafür genutzt wird, den Transformations­prozess zu einer sozial-ökologischen Wirtschaft, Energie­gewinnung, Bildung und Infra­struktur zu gestalten.“

Stärkung der Gemeinschaft und sozialen Gerechtigkeit

  • „Wir fordern pro Stadtteil freiwillige Verbände, die sich mit einem Teil ihres Budgets um Jugend (bspw. Kultur­zentren) und Integration kümmern.“
  • „Vermieterinnen und Vermieter werden enteignet. Sie können eine Fest­anstellung in ihrem Haus oder ihrer Haus­verwaltung bekommen. Kleine Vermieterinnen und Vermieter bekommen eine existenz­sichernde Entschädigung.“
  • „Wir fordern, dass Häuser von den Bewohnenden selbst verwaltet werden.“

Jugendliche wünschen sich mehr Politik im Unterricht

Auch Schulen spielen eine wichtige Rolle bei der politischen Bildung und der demokratischen Teilhabe. Laut einer Befragung der Liz Mohn Stiftung in Kooperation mit IPSOS wünschen sich 69 Prozent der befragten Jugendlichen, dass aktuelle politische Themen verstärkt im Unterricht behandelt werden sollten. Das ist besonders relevant, da junge Menschen stark von aktuellen Geschehnissen beeinflusst werden. Im Gegensatz dazu spielt die Identifikation mit einer Partei bei jüngeren Menschen eine wesentlich kleinere Rolle als bei älteren, wie eine Analyse in der Zeitschrift „Perspektiven ds“ zeigt.

Wenn Lehrkräfte politischen Themen im Unterricht mehr Platz einräumen, hat das viele positive Effekte. Indem sie Hinter­grund­wissen und die Funktions­weise politischer Systeme vermitteln, stärken sie das Verständnis und Interesse an politischen Prozessen. Wie stark dieses Interesse vom Bildungs­hinter­grund abhängt, verdeutlicht der Sozial­bericht 2024 der Bundes­zentrale für politische Bildung. Jugendliche, die von engagierten Lehrkräften gefördert werden, entwickeln ein tieferes Verständnis und beteiligen sich stärker an politischen Themen. Dazu gehören auch praktische Erfahrungen, die ihnen die Gelegenheit geben, sich Gehör zu verschaffen und aktiv an demokratischen Strukturen teilzunehmen.