ZEIT für die Schule
Weltretter-Mission
Interview

ZEIT für die Schule: Herr Löser-Peisker, welche Themen interessieren junge Menschen heute?
Robert Löser-Peisker: Besonders finanzielle Bildung ist gerade ein großes Thema. Unsere Schülerinnen und Schüler wollen verstehen, wie Geld funktioniert und stellen dazu viele Fragen. Aber auch andere Themen, die das gesellschaftliche Leben und seine Funktion betreffen, wecken ihr Interesse. Das merken wir insbesondere während der offenen Ankunfts­zeit am Morgen. In dieser Drei­viertel­stunde können die Kinder langsam ankommen und eigene Themen einbringen, die wir Lehr­kräfte später mit Praxis­beispielen aufgreifen.

Sie haben mit Ihren Klassen mehrmals an der „Weltretter-Mission“ teilgenommen. Wovon haben Ihre Schülerinnen und Schüler am meisten profitiert?
Das Entwickeln von Projektideen hilft den Kindern zu verstehen, dass es viele Über­schneidungs­punkte zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialen Themen gibt. Sie erkennen, dass diese Bereiche ineinander­greifen und dass es Maßnahmen braucht, um unsere Umwelt zu schützen. Mit dem Wettbewerb bekommen die Kinder außerdem einen Anreiz, ihr Wissen praktisch anzuwenden.

Zur Person

Robert Löser-Peisker ist seit fast zehn Jahren als Lern­gruppen­leiter an einer Berliner Montessori-Schule tätig. Zuvor absolvierte er eine Ausbildung zum Sonder­schul­lehrer an der Pädagogischen Hochschule Tirol und später den Master Praxis­forschung in Pädagogik und Sozialer Arbeit an der Alice Salomon Hochschule in Berlin.

Robert Löser-Peisker
© privat

Welche denn zum Beispiel?
Zwei gute Ideen waren „Fritz – Die Zukunft auf Rädern“, ein neues Verkehrskonzept, und „The Third Eye – Geh deinen Weg“, ein Gürtel für blinde Menschen, der Vibrations­signale sendet. Spannend fand ich, dass das zweite Projekt von einem sonst eher passiven Schüler voran­getrieben wurde. Das ist doch toll, dass der Wettbewerb allen Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit gibt, über sich hinaus zu wachsen! Seine ursprüngliche Idee war ein Blinden­stock mit Laser, an dem er sehr lange getüftelt hat. Die Idee haben wir dann gemeinsam weiter­entwickelt zu einem System, das dem Träger bzw. der Trägerin Feedback gibt.

Wie kommen Ihre Schülerinnen und Schüler auf gute Ideen?
Wir nutzen zum Beispiel die Open-Space-Methode, bei der es eine konkrete Themen­vorgabe oder Frage­stellung gibt wie „Wie können wir die Welt besser machen?“. Unsere Klassen sind alters­gemischt, von der vierten bis zur sechsten Klasse. Jedes Kind kann eine Idee vorstellen, die dann an verschiedenen Tischen diskutiert wird. Die Schülerinnen und Schüler können sich frei zwischen den Tischen bewegen und Gedanken aus­tauschen. Am Ende dieses Prozesses haben wir dann mehrere gut aus­gearbeitete Ideen und stimmen ab, welche weiter­verfolgt wird.

Bei der Montessori-Pädagogik steht selbst­bestimmtes Lernen im Fokus. Welche Rolle spielt sie bei der Teamarbeit?
Durch die individuelle Förderung wissen unsere Schülerinnen und Schüler ziemlich gut, worin ihre Stärken liegen. Bei der Idee mit dem Blinden­gürtel hatten wir damals ein zweites Kind in der Gruppe, das gerne programmiert und daher die technische Entwicklung voran­gebracht hat. Andere Mitschülerinnen und -schüler haben den Prozess mit der Kamera dokumentiert oder sich um das Thema Marketing gekümmert. Ich habe keine Aufgaben verteilt, die Kinder haben sie selbst gefunden. Bis auf wenige Ausnahmen wollten alle in der Klasse Teil des Projekts sein, das war die Motivation. Für mich war es schön zu beobachten, wie natürlich sie sich mit ihren unterschiedlichen Stärken eingebracht haben.

Es ist eine wertvolle Erfahrung, an Grenzen zu stoßen, sich davon aber nicht demotivieren zu lassen.

Wie lange haben die Kinder durchschnittlich an einem Projekt gearbeitet?
Der Aufwand war jedes Mal hoch, das kann man nicht bestreiten. Wir haben oft bis zu sechs Wochen an einem Projekt gearbeitet.

Welche Rolle nehmen Sie dabei als Lehrer ein?
Meine Hauptaufgabe ist es, die Kinder zu motivieren und ihnen dabei zu helfen, realistisch umsetzbare Ideen zu entwickeln. Sobald sie ins Handeln gekommen sind, begleite ich sie nur noch und helfe bei Fragen und der Beschaffung von Materialien. Ich entzünde also den Funken und ziehe mich dann zurück, damit die Kinder selbst­ständig weiter­arbeiten können.

Wie hält man die Motivation über einen so langen Zeitraum aufrecht?
Wenn die Schülerinnen und Schüler einen Sinn in Ihrem Handeln sehen, bleiben sie am Ball. Ein Projekt mit All­tags­bezug ist da natürlich hilfreich. Sie müssen außerdem lernen, mit Niederlagen umzugehen. Es ist eine wert­volle Erfahrung, an Grenzen zu stoßen, sich davon aber nicht demotivieren zu lassen. Diese Erfahrung ist auch im späteren Berufs­leben wichtig.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Wir hatten beim Blindengürtel technische Probleme, die wir nicht lösen konnten. Am Ende haben die Kinder akzeptiert, dass ihnen ab einem bestimmten Punkt das praktische Know-how fehlt. Sie haben sich statt­dessen überlegt, wie Profis das Problem lösen könnten.

Was raten Sie Lehrkräften, die weniger Ressourcen für einen Schulwettbewerb haben?
Auch wenn es eine Herausforderung ist: Es lohnt sich, an solchen Projekten teil­zu­nehmen. Kinder brauchen mehr Gelegen­heiten, um ihre Umwelt mit­zu­gestalten. Mein Vorschlag wäre, die Teilnahme am Wettbewerb im Rahmen einer AG am Nachmittag anzubieten. Dann ist es vielleicht auch möglich, über das normale Maß hinaus zu arbeiten.

Braucht es denn grundsätzlich mehr Zeit, um bessere Ergebnisse zu erzielen?
Das kann man pauschal nicht sagen. Zum Beispiel kann ich mich an eine engagierte Lehrerin erinnern, die mit ihrer Klasse einen Mikro­plastik­filter mit dem Namen „Fish-Eye“ entwickelt hat. Sie hat das Projekt in Form eines Forschungs­auftrags sinnvoll in den Biologie-Unterricht eingebaut. Die Kinder mussten herausfinden, welche Materialien sich als Filter eignen. Das hat super funktioniert und ich war wirklich beeindruckt von dem Ergebnis.

Bis zum 30. Januar 2025 kann man sich für die nächste ZEIT LEO Welt­retter-Mission anmelden. Ihr Argument, um Zögerliche zu über­zeugen?
Egal ob wir gewonnen haben oder nicht, die Kinder waren stolz auf ihre Arbeit. Es hat ihr Gemeinschafts­gefühl gestärkt und natürlich haben sie auch enorm viel Wertschätzung erhalten. Vor allem an die Preis­verleihung in Hamburg erinnern wir uns gerne zurück. Aber auch für uns Lehrkräfte ist das eine wertvolle Erfahrung. Nach jeder Weltretter-Mission wusste ich: Schule kann echten Impact schaffen. Auch wenn uns der Schulalltag manchmal ganz schön fordert, sind es gerade solche Projekte, die den Wert unserer Arbeit verdeutlichen.

Über die Mission

Seit 2013 ruft das Kindermagazin ZEIT LEO jährlich zur ZEIT LEO Weltretter-Mission auf, bei der Schülerinnen und Schüler der Klassen 1 bis 6 Projekte zur „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) einreichen können. Ziel ist es, Kinder zu ermutigen, ihre Umgebung zu erkunden und Lösungen für lokale Probleme zu entwickeln. Sie bilden kleine oder größere Gruppen und arbeiten an selbst­gewählten Projekten. Die besten Ideen werden von einer Jury ausgezeichnet und mit tollen Gewinnen prämiert.

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