Herr Kaun, warum kommt man um das Thema Finanzen nicht herum?
Sie gehören zum Leben. Jede und jeder kommt irgendwann mit dem Thema in Berührung. Sei es beim Bezahlen, beim Geld anlegen oder spätestens bei der Altersvorsorge. Eine grundlegende Finanzbildung trägt zum finanziellen Wohlergehen bei, um das Leben nach den eigenen Vorstellungen gestalten zu können.
Die Bundesregierung fördert aktiv Maßnahmen zur finanziellen Bildung. Was fällt denn alles unter den Begriff?
Finanzielle Bildung beschäftigt sich mit Finanzen auf der privaten Ebene. Dazu gehören das Wissen, die Kenntnis und der Umgang mit den eigenen, privaten Finanzen. Von dieser Mikroebene geht es in konzentrischen Kreisen weiter zu übergeordneten Fragen nach Inflation, Geldpolitik, Banken- und Finanzsystem. Diese Makrothemen vermitteln wir in der Bundesbank im Rahmen unserer ökonomischen Bildungsarbeit.
Was unterscheidet finanzielle und ökonomische Bildung?
Finanzielle und ökonomische Bildung werden oft synonym verwendet, es gibt aber einen wesentlichen Unterschied. Ökonomische Bildung ist das breitere Konzept. In der ökonomischen Bildung werden viele wirtschaftliche Grundtatbestände, Entrepreneurship Education, also unternehmerische Bildung, oder auch Berufsorientierung vermittelt. Finanzielle Bildung ist nur ein Teilgebiet ökonomischer Bildung.
Zur Person
Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann studierte Andreas Kaun Wirtschaftspädagogik und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt. 2007 schloss er seine Promotion in Wirtschaftspädagogik ab. Seit 2008 ist er zuständig für den Bereich Ökonomische Bildung und Geldmuseum der Deutschen Bundesbank. Seit 2012 ist er Leiter der Hauptgruppe Ökonomische Bildung, Geldmuseum.
Sie leiten die ökonomische Bildungsarbeit bei der Deutschen Bundesbank. Welche Veränderungen konnten Sie in den letzten Jahren beobachten?
Als ich als Wirtschaftspädagoge zur Bundesbank kam, habe ich sukzessive das Angebot für ökonomische Bildung federführend mit aufgebaut. Ich konnte beobachten, dass nicht nur die ökonomische Bildung, sondern insbesondere das Thema finanzielle Bildung in den vergangenen zehn, zwölf Jahren national wie international an Bedeutung gewonnen hat.
Können Sie Gründe nennen?
Im internationalen Kontext ist die OECD ein wichtiger Treiber. In ihrem weltweiten „Network on Financial Education (INFE)“ hat sie die Bedeutung finanzieller Bildung wissenschaftlich fundiert herausgestellt. Außerdem hat sie nationale Bemühungen um passende Finanzbildungsstrategien entscheidend mitgeprägt. Auch die Bundesregierung erarbeitet gerade gemeinsam mit der OECD eine Finanzbildungsstrategie für Deutschland.
Was macht die Bildungsarbeit bei der Deutschen Bundesbank aus?
Wir bieten keine umfassende wirtschaftliche Bildung, sondern konzentrieren uns auf die Vermittlung von „Zentralbankwissen“. Unsere Inhalte sind Geld, Währung und Zentralbank – also Themen, die mit unseren Aufgaben als Bundesbank zu tun haben. Dieses Teilgebiet der ökonomischen Bildung ist wichtig und wird nachgefragt. Was ist Inflation? Was ist Geld? Wie kann ich bezahlen? Das sind Themen, die auch die finanzielle Bildung berühren.
Erreicht Ihr Angebot alle Schulformen?
Im Grunde genommen ja. Wir bieten für alle Stufen und Schulformen Bildungsmaterialien an. Unsere Vorträge und Lehrkräftefortbildungen richten sich besonders an die Sekundarstufe II und an einschlägige berufliche Schulen, da Zentralbankthemen dort in den Lehrplänen verankert sind.
Auf Ihrer Website findet man Erklärfilme und Unterrichtsmaterialien, aber auch Quizspiele. Wer ist bei der Entwicklung dieser Materialien involviert?
Die Spiele werden von unserer Redaktion inhouse konzipiert. Für größere Projekte arbeiten wir mit Kooperationspartnern zusammen. Unser digitales Lehrwerk „Geld verstehen digital“ haben wir beispielsweise zusammen mit einem Schulbuchverlag und einer spezialisierten Agentur für Schulfilme entwickelt. Mit dem digitalen Lehrwerk haben wir sogar zwei Preise gewonnen.
Welchen Vorteil hat es, Spielmechanismen im Unterricht einzubinden?
Ein spielerischer Ansatz oder auch „Gamification“ fördert das Lernen – das ist durch die Forschung belegt. Zum einen ist die Motivation höher, und zum anderen merken die Schülerinnen und Schüler manchmal gar nicht, dass sie lernen. Diesen spielerischen Ansatz haben wir sowohl in unserem Geldmuseum als auch bei unseren digitalen Unterrichtsmedien verfolgt. Das ist ein Weg, den wir weiter gehen wollen.
Die Bundesbank bietet Vortragsveranstaltungen und Lehrerfortbildungen in ganz Deutschland. Wie laufen diese Fortbildungen ab?
Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt feste Termine, die wir anbieten, und es gibt Fortbildungen, die individuell vereinbart werden. Die finden entweder vor Ort in der Bundesbank statt, oder wir gehen in die Lehrerfortbildungsinstitute. Wir bieten auch Online-Fortbildungen an, weil Lehrerinnen und Lehrer oft nicht viel Zeit zum Reisen haben. In der Regel setzt sich so eine Fortbildung aus einem Vortrag und einem Teil für Fragen und Diskussionen zusammen. Fortbildungen, die besonders nachgefragt sind, behandeln unsere Kernthemen wie Inflation, Preisstabilität, den Euro und das Eurosystem.
Wie sollten Schulen vorgehen, wenn sie sich für eine Lehrkräftefortbildung interessieren?
Jede Schule kann sich direkt bei uns melden. Wir versuchen jeder Nachfrage nachzukommen. Als Zentralbank haben wir ein großes Interesse daran, Lehrkräfte als Multiplikatoren für unsere Themen zu befähigen.
Sie haben das Geldmuseum erwähnt. Was erwartet Besucherinnen und Besucher dort?
Das Geldmuseum in Frankfurt am Main gibt es seit 1999. Ende 2016 haben wir es als Lern- und Erlebnisort neu eröffnet. Das Museum zeigt Geld aus historischer und aktueller Perspektive. Hier lässt sich viel über Geld, Banken und Zentralbanken lernen. Schulklassen, Studierende oder auch andere Gruppen können Vorträge und Führungen buchen. Für Kinder und Jugendliche gibt es Workshops und allerlei Sonderveranstaltungen.
Kostenfreies Live-Webinar
ZEIT für die Schule bietet zusammen mit dem Bundesfinanzministerium ein kostenfreies Live-Webinar zum Thema „Wissen ist Geld“ am 25. September um 17 Uhr an. Es richtet sich exklusiv an Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter sowie weiteres schulisches Personal.