Das Wichtigste ist, zu verstehen, dass es meist weder um einen selbst als Person noch um die Methode geht. Widerstand ist oftmals Selbstschutz. Warum? Weil Neues bedeutet, dass ich die „Gefahr“ besteht, selbst auch etwas anders machen zu müssen. Und das möchte nicht jeder, und zwar unabhängig davon, ob sich später herausstellt, dass es den früheren Skeptikern doch Spaß macht, die Komfortzone zu verlassen. Daraus kann man eine Haltung ableiten, die sich einfacher anhört, als sie ist: Widerstand nicht persönlich nehmen, sondern als Signal der Verunsicherung, über das man sprechen kann – wenn es sich anbietet.
Grundsätzlich würde ich aber einen Schritt vorher ansetzen, und zwar mit der „Maulwurftaktik“. Gar nicht über Vorhaben sprechen, sondern über Erfahrungen. Damit ist gemeint, dass man es vermeiden sollte, mit Skeptikern (oder im Gesamtkollegium) darüber zu sprechen, was man machen möchte, wie es ja auch in der Frage heißt. Denn dann kommen oftmals jene, die keine Lust haben oder kritisch sind und erklären, warum alles nicht geht, was alles falsch laufen kann und warum man dies nicht tun sollte. Besser ist: Erst ausprobieren, evaluieren, verbessern und dann erst mitteilen. Denn wenn man darüber spricht, was man erfolgreich durchgeführt hat, ist es schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich, alles einfach in Abrede zu stellen. Dies sollte man aber nicht ganz allein zu tun. Es ist immer gut, wenn man Mitstreiter holt, sich mit ihnen abspricht und zusammen – auch wenn es jeder in einer anderen Klasse unternimmt – ausprobiert und auswertet.
Eine Wahrheit muss noch ausgesprochen werden: Schulentwicklung, und das folgt aus den ersten Versuchen mit neuen Unterrichtsformaten, steht und fällt mit der Schulleitung. Das bedeutet nicht, dass man sofort alles an die große Glocke hängen muss, immerhin hat jede Lehrkraft pädagogische Freiheit (bzw. pädagogische Verantwortung, wie es formal heißt). Aber die Schulleitung früh ins Boot zu holen ist sinnvoll. Zum einen, damit sie „eingeweiht“ ist und von den Vorhaben weiß. Zum anderen, weil die Möglichkeit besteht, dass sie daraus ihr eigenes Projekt macht und einem Verantwortung überträgt. Aber das sind erst die nächsten Schritte. Zuletzt: Man darf nicht die Wirkung von offiziellen Dokumenten oder Autoritäten unterschätzen. Wenn man etwas ausprobieren will, ist die Chance hoch, dass es dazu Podcasts, Blogbeiträge und letztlich Studien gibt. Man kann nicht alles lesen, klar. Aber wenn man sich einen kurzen Überblick verschafft und entsprechend gut gerüstet ist, hat man nicht nur Erfahrungen, sondern auch Substanz, die es einem hilft zu argumentieren, wenn der Skeptizismus um sich greift.
Ich wünsche allen den Mut, loszulegen!
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Bob Blume ist Lehrer, Autor, Podcaster und Bildungsinfluencer. Er studierte Germanistik, Anglistik sowie Geschichte und arbeitet nun als Oberstudienrat an einem Gymnasium in der Nähe von Baden-Baden. Zudem ist Bob Blume ein gefragter Experte in der deutschen Medienlandschaft zum Thema Schule, schreibt Kolumnen bei t-online und Gastbeiträge für den Spiegel. Bei der Verleihung der Goldenen Blogger 2022 wurde er als Blogger des Jahres ausgezeichnet. Sein Buch „Warum noch lernen?“ wurde kurz nach Erscheinen zum SPIEGEL-Bestseller.